Wenn es freiwillig nicht geht: Tübingen und die Pflicht zur Nutzung von Solarenergie bei Neubauten
Praktisch jedes Haus, das in Tübingen neu gebaut wird, muss eine Photovoltaikanlage haben. Das hat der Gemeinderat mehrheitlich so beschlossen und das ist gut so. Die Stadt wahrt dabei die Verhältnismäßigkeit und gestaltet die Pflicht zum Solarstrom sozialverträglich.
Von Manfred Gorgus, XXXXXXX
Jedes neue Haus, das in Tübingen gebaut wird, muss in Zukunft eine Solarstromanlage haben. So hat es der Gemeinderat vergangene Woche mit großer Mehrheit beschlossen.
Fünf Prozent Dachfläche sind in Tübingen erst mit Photovoltaik belegt – da ist noch viel Raum für Entwicklung. Bürgermeister Boris Palmer schreibt in Facebook: „Als erste Kommune in Deutschland hat Tübingen eine Solarpflicht für praktisch alle neuen Bauvorhaben beschlossen. Die Stadt regelt entweder über Kaufverträge oder über Bebauungspläne, dass in neuen Baugebieten jedes Haus eine Solaranlage haben muss.
Im Tübinger Güterbahnhof wurde das Modell erprobt. Alle Bauherren haben die Pflicht akzeptiert. Denn Strom vom eigenen Dach ist billiger als aus dem Netz. Jetzt machen wir das in der ganzen Stadt. Die Diskussion verlief sehr sachlich. Am Ende hatten wir zwei Drittel der Stimmen für den Beschluss. Ich bin sehr stolz darauf, wie Stadt und Rat in die Rolle ökologischer Pioniere geschlüpft sind. Wer die neue Anlage nicht selbst finanzieren kann, hat die Möglichkeit, sie über die Stadtwerke bauen zu lassen. Dann zahlt man über den Strompreis die Anlage ab. 2 Cent billiger als aus dem Netz. Photovoltaik ist in der Stadt die billigste und beste Stromquelle. Eine Pflicht, sie zu nutzen, ist zum Vorteil aller. Nötig ist sie trotzdem, denn viele beschäftigen sich damit nicht und lassen die Chance daher aus.“ (Oberbürgermeister Boris Palmer in Facebook)
Bestandteil der neuen Regelung zu Photovoltaikpflicht ist, dass die Verpflichtung zur Errichtung einer Solaranlage nur so lange gilt, wie es Anbieter für Pachtmodelle auf dem Tübinger Strommarkt gibt, mit denen für den Bauherren Wahlfreiheit zwischen Eigentum und Pacht gegeben ist.
Das klingt alles sehr vernünftig. Der Gemeinderat hat mit Weitblick und unter Berücksichtigung sozial-ökologischer Gesichtspunkte eine zukunftsweisende Entscheidung getroffen.
Eine Frage bleibt: Warum schaffen es solche Entscheidungen nicht in die deutschen Massenmedien? Wenn die Stadt Hamburg eine Straße für Dieselfahrzeuge sperrt, ist das jeder TV-Nachrichtensendung 48 Stunden lang eine 3 Minuten-Meldung wert. Dabei ist der Effekt lächerlich. Der intelligente und revolutionäre Beschluss der Tübinger Gemeinderäte ist zukunftsweisend, scheint aber maximal Fachmedien zu interessieren und das auch nur vereinzelt.
Quellen: Manfred Gorgus‘ Recherchen
Dein Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns Deinen Kommentar!