Verwendung von Lebensmitteln
Von Martina Swandulla
Wer kennt das nicht? – Man möchte gern persönlich dazu beitragen, die Verschwendung von Lebensmitteln einzudämmen, und weiß gar nicht, wo man ansetzen soll. Alle Möglichkeiten scheinen schon ausgereizt oder gar wirkungslos. – Doch, da geht nochwas: Hier sind wichtige Fakten zum Thema Lebensmittelverschwendung, Links zur Vertiefung und praktische Tipps. Bei all den ernüchternden Zahlen sollten wir eines nie vergessen: Jeder kleine Beitrag zählt, und alles zusammen hat eine große Wirkung. In diesem Sinne: Einfach machen!
Fakten, Zahlen
- 11 Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland jedes Jahr im Müll, bei der Erzeugung und Verarbeitung, bei Großverbrauchern, im Handel und in Privathaushalten.
- Der WWF nannte für 2015 sogar 18 Millionen Tonnen inklusive der Verluste beim Anbau in Deutschland.
- Dies entspricht fast einem Drittel des aktuellen Nahrungsmittelverbrauchs.
- Pro Sekunde landen in Deutschland unnötigerweise gut 300 kg genießbare Nahrungsmittel im Müll.
- Rund 60 % des Lebensmittelabfalls werden entlang der Wertschöpfungskette vom Produzenten bis hin zu Großverbrauchern wie Gastronomie und Kantinen verursacht.
- 40% gehen auf das Konto des Endverbrauchers.
- Pro Jahr wirft der Deutsche im Privathaushalt 55 kg Lebensmittel weg, das entspricht 300 €.
- In Deutschlands privaten Haushalten werden umgerechnet zum Beispiel jährlich ca. 230.000 Rinder in Form von Wurst- und Fleischwaren in den Müll geworfen.
Problematik
- Umgerechnet bedeutet dies, dass jährlich 2,6 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche „umsonst“ bewirtschaftet werden, dies entspricht allein für Deutschland der Fläche von Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland zusammen.
- Beenden wir die Verschwendung, können wir ein Drittel aller Dünger und Pestizide einsparen, ohne dass wir auf etwas verzichten müssen.
- Essen im Müll verursacht jedes Jahr 48 Millionen Tonnen Treibhausgase, die sinnlos ausgestoßen werden.
- Plastikverpackte Lebensmittel werden häufig mit der Verpackung geschreddert und in Biogasanlagen vergoren. Ein Teil davon landet mit dem Gärrest als Mikroplastik auf den Feldern; von dort gelangen sie ins Wasser und in die Feldfrüchte.
- Lebensmittelverluste wirken sich auch negativ auf das Klima aus. Der vermeidbare Lebensmittelmüll der EU verursacht im Jahr die gleiche CO2-Menge (klimaschädliche Gase) wie die Niederlande.
- Dies ist nicht nur ein ethisches, sondern auch ein ökologisches und ökonomisches Problem. Immerhin werden sowohl für die Erzeugung als auch für die Vernichtung von Waren Rohstoffe, Energie und Wasser benötigt. Mit jedem Lebensmittel, das unnötig im Müll landet, werden also wertvolle Ressourcen verschwendet.
- Das ist vermeidbar, etwa durch verbessertes Management, nachhaltigere Marketingstrategien und veränderte Konsumgewohnheiten.
Gründe für das Wegwerfen von Lebensmitteln in deutschen Haushalten
… weil das Haltbarkeitsdatum abgelaufen oder die Ware verdorben ist (84%)
… weil sie zu viel gekauft haben (25%)
… weil die Packung zu groß war (19%)
… weil ein Produkt nicht schmeckt (16%)
… weil sie nicht im Voraus planen, was sie in der nächsten Woche kochen (70%) (Mehrfachnennungen eingeschlossen
Mindesthaltbarkeit
Mindesthaltbarkeitsdatum
Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist das Datum, bis zu dem ein Lebensmittel seine besonderen Eigenschaften behält – vorausgesetzt, es wird auf vernünftige Art und Weise aufbewahrt. Der Hersteller garantiert in diesem Zeitraum bestimmte Eigenschaften wie den Nährstoffgehalt, das Aussehen oder auch eine besondere Konsistenz.
Das Mindesthaltbarkeitsdatum muss immer mit den Worten „Mindestens haltbar bis…“ und dem entsprechenden Tag, Monat und Jahr angegeben werden.
Ist die Frist abgelaufen, heißt das keineswegs, dass die Ware verdorben ist. Der Einzelhandel darf sie deshalb durchaus noch weiterverkaufen. Allerdings haftet er dann für möglicherweise auftretende Mängel, während vor Ablauf des Datums der Hersteller für das Produkt geradestehen muss.
Verbrauchsdatum
Im Unterschied dazu gibt es noch das Verbrauchsdatum. Das ist für besonders schnell verderbliche, empfindliche Lebensmittel vorgeschrieben ‒ zum Beispiel bei Hackfleisch oder frischem Fisch. Hier kann nach Ablauf des Verbrauchdatums eine Gesundheitsgefahr durch Keime entstehen; deshalb darf das Lebensmittel dann nicht mehr gegessen werden. Daher sind diese Lebensmittel rechtzeitig zu verzehren, bevor das Verbrauchsdatum überschritten ist. Wie kann ich sicher gehen, dass Lebensmittel mit abgelaufenem MHD noch gut sind?
Benutzen Sie all Ihre Sinne, indem sie das Lebensmittel ansehen, daran riechen und probieren. Besonders Milchprodukte sind dafür bekannt, dass sie noch lange nach dem MHD genießbar sind. Fleisch, Fisch und Wurstwaren sind am empfindlichsten. Ist Schimmel zu erkennen, riecht es unangenehm, schmeckt es säuerlich, oder prickelt auf der Zunge – ungenießbar.
Was tut die Politik?
Im Koalitionsvertrag bekennt sich Deutschland erneut zu dem im September 2015 vereinbarten Ziel der Vereinten Nationen: Die Lebensmittelabfälle im Einzelhandel und in privaten Haushalten sollen bis 2030 um 50 % reduziert werden. Vorbilder wie z.B. Frankreich und Großbritannien konnten in kurzer Zeit wirksame Maßnahmen ergreifen. Doch die Bundesregierung lässt bisher kaum ernsthaften Bemühungen erkennen, dieses Ziel zu erreichen. Auf Druck der EU veröffentlichte Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner ihre Pläne gegen Lebensmittelverschwendung. Mit dem sogenannten Eckpunktepapier hätte Deutschland zum Vorreiterland werden können. Es ist jedoch mangelhaft und reicht nicht, um die Lebensmittelabfälle bis 2030 zu halbieren: Konzerne sollen weiterhin willkürlich Nahrungsmittel entsorgen dürfen, ohne verbindliche Ziele oder Sanktionen. Forscher*innen können diese Mengen nicht überprüfen, denn Unternehmen dürfen ihr Wegwerfverhalten geheim halten. So lässt sich das Ziel nicht erreichen.
Was kann ich tun?
In meinem Haushalt:
- Planen Sie gemeinsam mit der Familie, um Wünsche und Abwesenheiten zu berücksichtigen.
- Schreiben Sie die Lebensmittel immer dann auf den Einkaufszettel, wenn sie ausgehen. So vermeidet man überzählige Einkäufe.
- Checken Sie vor dem Einkauf ihre Vorräte und kaufen Sie bedarfsgerecht ein.
- Behalten Sie den Vorrat immer im Blick, damit keine Lebensmittel in Vergessenheit geraten.
- Lebensmittel mit zeitnahem Verfallsdatum vorne in den Kühlschrank stellen.
- Kälteempfindliche Lebensmittel nicht im Kühlschrank lagern: Tomaten, Zwiebeln, Kartoffeln, Obst, Brot, Honig, Öle.
- Gerade frische und leicht verderbliche Lebensmittel wie Brot und Obst/Gemüse, in bedarfsgerechten Mengen kaufen.
- Regional kaufen – Sie bekommen frische Ware, die länger hält.
- Vermeiden Sie möglichst Spontankäufe sowie den Großeinkauf von Sonderangeboten – außer Sie wissen, dass Sie die verbilligten Waren in der nächsten Zeit aufbrauchen werden.
- Noch schnell in den Supermarkt, weil Zutaten für das Abendessen fehlen? Kaufen Sie doch dann auch Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum bald erreicht ist, und greifen Sie nicht ganz hinten ins Regal.
- Werden Sie kreativ – planen Sie Ihre vorhandenen Lebensmittel in ihre Speisen mit ein.
- Hat eine Paprika, ein Zucchini oder Obst eine Delle? Schnell verwerten, bevor das Obst/Gemüse zu schimmeln beginnt.
- Überreifes Obst kann gut zu Kompott, Marmelade oder im Kuchen verarbeitet werden.
- Übrig gebliebene Speisen in geschlossenen Behältern einfrieren bzw. kühl lagern und am nächsten Tag verzehren (zum Beispiel mit zur Arbeit nehmen).
In der Öffentlichkeit:
- Lassen Sie Ihre Supermarktleitung wissen, dass Sie es sehr wohl akzeptieren, am Abend keine riesige Auswahl mehr an Brot oder Gemüse zu bekommen.
- Sie haben einen Hofladen in der Nähe – kaufen Sie dort auch mal Obst und Gemüse, hier gibt es auch mal die krumme Gurke!
- Sie waren im Restaurant essen, haben aber nicht alles geschafft – lassen sie sich die Speisen einpacken, um es später oder am nächsten Tag erneut zu genießen.
- Auch in der Mensa (Schule, Uni, Betriebskantine) lassen sich Lebensmittelabfälle vermeiden – z. B. können sie bei wenig Hunger, nach einer kleineren Portion fragen.
- Werden Sie Teil einer der folgenden Organisationen.
Organisationen und Links zur Vermeidung von Lebensmittelabfall
Too good to go – App
Eine App, die es allen ermöglicht, einen Beitrag gegen Verschwendung zu leisten, während man gleichzeitig leckeres Essen bekommt und Läden in der eigenen Umgebung unterstützt. Die Betriebe schaffen es, weniger zu entsorgen und können dabei neue Kundschaft gewinnen. Und gemeinsam wird damit die Umwelt geschont. Eine Win-Win-Win-Situation!
Bisher: ca. 12 Millionen gerettete Mahlzeiten = ca.24 Tonnen CO2 eingespart (2kg CO2 pro Mahlzeit)
Foodsharing
Ziel dieser weltweiten Organisation ist es, Lebensmittelabfallzu reduzieren und Wertschätzung von Nahrungsmitteln zu stärken. Auf der Webplattform Foodsharing.de können Privatpersonen oder soziale Organisationen öffentlich anbieten und teilen. Auf einer interaktiven Karte kann man eine Adresse eingeben und in der Umgebung nach Lebensmitteltausch- oder -abgabe-Angeboten suchen.
www.foodsharing.de – Lebensmittel teilen statt wegwerfen
Zu gut für die Tonne
Informationsseite des Bundesministeriums für Ernährung mit vielen hilfreichen Tipps.
https://www.zugutfuerdietonne.de
Film
Der Kinofilm „Taste the Waste“ von Valentin Thurn bietet Informationen über die globale Lebensmittelverschwendung.
Linktipps
Das deutschsprachige Netzwerk zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen „essens-wert“ hat eine Linkliste zu relevanten Initiativen, Studien und Zeitungsartikeln veröffentlicht.
www.essens-wert.net – Linkliste zum Thema Lebensmittelmüll vermeiden
Quellen
https://www.zugutfuerdietonne.de
https://foodsharing.de/#wilkommen
https://toogoodtogo.de/de/about-us
https://www.bzfe.de/inhalt/lebensmittelverschwendung-1868.html
https://utopia.de/galerien/lebensmittelverschwendung-10-tipps/
https://www.ozharvest.org/fightfoodwaste/about-fight-food-waste/